Warum der Sinn des Lebens mein Lebensthema wurde

Es gibt Erfahrungen im Leben, die sich erst Jahre später als Puzzleteil eines größeren Bildes zeigen. Oft erkennen wir rückblickend, dass uns bestimmte Fragen oder Sehnsüchte schon sehr lange begleiten – manchmal seit unserer Kindheit. In diesem sehr persönlichen Blogartikel erzähle ich dir, wie das Thema „Sinn des Lebens“ zu meinem Lebensthema wurde. Wie sich scheinbar zufällige Interessen, Umwege und Erfahrungen rückblickend zu einem stimmigen Ganzen fügen. Vielleicht geht es dir ähnlich – und du spürst, dass auch deine Lebensthemen längst in dir wirken und nur darauf warten, gelebt zu werden.

Der Ursprung meiner Suche

Gestern habe ich mein “Handbuch Sinn des Lebens” veröffentlicht. „Handbuch Sinn des Lebens“ – das klingt ganz schön vermessen, oder? Vielleicht ist es das auch. Aber ich möchte heute mit dir teilen, warum dieses Thema mein Leben so stark geprägt hat – und warum ich dieses Buch nicht nur schreiben wollte, sondern schreiben musste.

Ich bin im Odenwald aufgewachsen – ländlich, mit fünf Geschwistern. Ich war die Älteste. Es war laut, bunt, oft chaotisch. Ich hingegen war introvertiert. Und wie wir heute wissen, ist Introversion ein Persönlichkeitsmerkmal, das sich kaum verändert. Ich sollte trotzdem sein wie alle anderen. Wenn ich lesen wollte, hieß es: „Geh raus spielen!“ Wenn ich schreiben, malen oder in meinen Innenwelten versinken wollte, sollte ich auf meine Geschwister aufpassen.

Kennst du das Gefühl, dich anpassen zu müssen, um zu funktionieren?

Erste Sinnspuren

Schon als Kind hatte ich das Gefühl, meine Persönlichkeit oft an der Tür abgeben zu müssen, zum Beispiel beim Besuch bei meiner Großmutter: Sie hatte immer genaue Vorstellungen darüber, wer ich sein sollte: da habe ich einen Mittagsschlaf gehalten, obwohl ich nicht müde war, habe gegessen, was mir nicht geschmeckt hat und „Zum Blauen Bock“ im Fernsehen mit ihr angeschaut, nun ja …

In der Schule interessierte mich vieles nicht. Das, was mich interessiert hat, gab es nur in Randgebieten, z.B. in der Verhaltensbiologie oder Psychologie-AG. Ich habe „funktioniert“, und irgendwie gewartet: Wann darf mein Leben eigentlich anfangen? Wann macht es für mich Sinn?

Wir waren viel in der Kirche, das war eher langweilig und spirituell orientierte Menschen galten ja damals auch als richtig uncool, so dass man lieber nicht dazu gehören wollte. Aber wir waren auch viel in Konzerten und irgendwie ist durch die Kirchenmusik etwas in mich eingesickert. Bei einer Schütz-Motette oder einem Bach-Oratorium kann man sich dem Transzendenten nicht entziehen, finde ich.

Es begann in mir zu arbeiten und ich begann zu lesen und zu suchen und zwar immer in zwei Richtungen, was es da draußen an spirituellen Sinnangeboten gibt und was das in mir ist, das vielleicht anders ist und auch gesehen und gelebt werden will.

Wie war das bei dir? Hast du auch früher schonmal gesucht, vielleicht sogar Sinnfunken in deinem Leben gefunden – und wieder vergessen?

So kam ich zur Psychologie und zur Theologie und hier sehr bald zur vergleichenden Religionswissenschaft. Auf meinen Streifzügen auf den Kirchentagen im Judentum und im Islam, wurde mir schnell klar, dass keine der großen Buchreligionen Gott gepachtet hat.

Und durch das Gesamtwerk von Karl May – ja, wirklich witzig – habe ich ein frühes Interesse für inidigene Völker entwickelt, seien es Nomadenstämme im arabischen Raum oder eben die indigenen Völker Nordamerikas (neben Winnetou hat Karl May ja auch viele weniger bekannte Romane über „Arabien“ geschrieben)

So war es mir erstens schon in der Pubertät klar, dass ich gerne den Weisheitskern finden wollte. Genau das, was alle Religionen und andere Weisheitstraditionen verbindet, eben die Essenz, auf die wir Menschen uns beziehen können. Leider wusste ich nicht wie.

Zweitens wollte ich wissen und verstehen, wie ich mein Ureigenes finde, auch wenn es wohl nicht gewünscht ist, aber ich wusste, das ist wichtig für mich war. Damals hatte ich noch nicht verstanden, dass das zwei Suchbewegungen in die gleiche Richtung waren. Heute weiß ich, dass sich die beiden Richtungen im persönlichen Sinn treffen, der angebunden ist an das große Ganze.

Studienjahre: Aufbruch in die Tiefe

In meinen frühen Zwanzigern habe ich dann verschiedene Sinnangebote dieser Welt ausprobiert, erforscht, immer auf der Suche nach einem Gefühl von Stimmigkeit und Ankommen wollen. Dabei habe ich auch viel Intoleranz, Arroganz zum Beispiel in evangelikalen Strukturen kennengelernt, wo schon Fragen zu stellen bedeutet hat, ungläubig zu sein und dass man dann mit Nachdruck bekehrt werden muss.

Wo wurdest du ermutigt, zu hinterfragen – und wo nicht? Was war vielleicht eine prägende spirituelle Erfahrung in deinem Leben?

Zusätzlich zu meinem Lehramtsstudium damals habe ich Theologie studiert, das waren spannende Auseinandersetzungen mit den Urtexten, aber ich war sehr unzufrieden, weil ich meinen Platz nicht in einer Glaubensgemeinschaft gefunden habe und auch nicht finden wollte, die immer auch ausschließend gestaltet ist.

Mitte der 90er Jahre war ich 300 km pilgern auf dem Jakobsweg, außer jeder Menge Blasen und dem Gefühl, in einer Gruppe aufgehoben zu sein, hat mir das für meine Sinnsuche nicht so viel gebracht.

Begegnungen, die mein Verstehen geschärft haben

Der erste Durchbruch kam, als ich damals Dr. Stefan Kunz kennenlernen durfte, der hatte über christliche Mystik promoviert und sehr praxisnah und tief eine kleine Gruppe von Studierenden in die Geheimnisse vieler Mystikerinnen und Mystiker eingeführt.

Das war wie ein Aufatmen, als ich verstanden habe, dass der mystische Weg aller Weltreligionen die Begegnung ermöglicht. Und dass die individuelle, direkte Begegnung ohne dazwischengeschaltete Institutionen und Autoritäten sich frei anfühlt. Das hat auch meinen spirituellen Erfahrungen entsprochen. Diesen Weg habe ich all die Jahre theoretisch und praktisch weiterverfolgt.

Und später in meiner Elternzeit kam der zweite Durchbruch, als ich in der Laufbahnberatungsausbildung einen Weg und Prozess kennengelernt habe, mit Menschen nach ihrem Ureigenen zu suchen. Besonders beeindruckt hat mich das Konzept der Suche nach dem inneren Genius, das uns die schweizer Psychologin Irene Aeberli damals in ihrer sensiblen Art vermittelt und demonstriert hatte.

Da ging es darum, aus biografischen Geschichten den persönlichen Kern, das ureigene Verhältnis zur Welt abzuleiten. Das ist jetzt 25 Jahre her und seitdem haben diese beiden Zugänge immer weiter in mir gearbeitet: Die tiefe Persönlichkeitsentwicklung und der spirituelle Weg.

Siehst du in deinem Leben einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsentwicklung und spiritueller Entwicklung?

Auch die Arbeiten Viktor Frankls, die mir immer wieder im Grenzgebiet zwischen Psychologie und Religion begegnet sind, haben mich tief geprägt. Da war endlich jemand, der meinen starken Willen zum Sinn geteilt und als wesentlich für den Menschen empfunden hat. Ich habe ihm mein Grundverständnis der mittleren Ebene des Sinns und der drei Wege zum Sinn zu verdanken. Und das tiefe Wissen, dass Sinnfindung kein Luxusproblem, sondern die große Aufgabe des Menschen in dieser Welt ist.

Purpose finden: Mein ureigener Sinn

Viele Jahre lang habe ich dann als Laufbahnberaterin meinen Klienten ein Zusatzangebot zur Vertiefung gemacht, zusätzlich zu ihren Werten, Kompetenzen und Interessen auch noch ihren Kern zu entdecken. Etwa die Hälfte hat sich da mit mir interessiert auf den Weg gemacht. Und so ist das Konzept des inneren Genius und der Essenz, wie ich es damals genannt habe, immer weiter gereift und gewachsen.

Vor einigen Jahren habe ich dann für mich festgestellt, dass es das ist, was mich am meisten im Coaching interessiert und mir liegt und daraus mein Kern-Coachinggeschäft entwickelt, die Arbeit am eigenen Sinn, am Wesenskern, am Purpose, wie ich es heute nenne.

Und als ich dann vor etwa sieben Jahren die Werke Christina Kesslers kennengelernt habe, die als vergleichende Religionswissenschaftlerin und Anthropologin genau das getan hat, was ich als Jugendliche wollte – den Weisheitskern herauszuarbeiten und in gute Worte zu fassen – da war ich zutiefst erleichtert und habe mich dann auch drei Jahre bei ihr in Ausbildung begeben.

Die Synthese: Weisheitskern und individueller Sinn

Und so sind Stück für Stück die Suchbewegungen meines Lebens: meinen ureigenen Kern, mein höchstes Potenzial zu finden und entfalten zu dürfen mit der Suche nach dem Kern, der Essenz, die den Sinn religions- und traditionsübergreifend sichtbar macht, zusammengeflossen.

Ich habe verstanden, dass es uns nicht befriedigt, die großen Sinnfrage zu stellen. Wir werden nie eine abschließende stimmige Antwort von keiner Instanz darauf bekommen, warum wir Menschen hier sind, warum wir einen freien Willen haben, warum wir zerstören, was wir lieben und warum es uns nicht gelingt, in Frieden zusammen zu leben.

Aber ich habe auch verstanden, dass es möglich ist, sich selbst in der Tiefe zu entdecken, dass wir unseren ureigenen Wesenskern soweit verstehen, dass wir ihn mit der Welt teilen dürfen und dass die Gemeinschaft unseren Beitrag braucht.

Was ist dein innerer Kompass? Was wäre, wenn du aus diesem Kern heraus bereits weißt, was zu tun ist?

Und ich habe verstanden, dass dieser Kern oder nenne ihn dein höchstes Selbst, angebunden ist an die Quelle in uns, an etwas, das uns trägt und weit über uns hinaus geht.

Also: Wir können lernen, unseren inneren Kern zu entdecken – den Funken des Göttlichen in uns. Und diesen Beitrag mit der Welt zu teilen. Unsere Anbindung an etwas Größeres ist real – wir können lernen, diesem inneren Kompass und unserer Intuition zu folgen.

Ich wünsche dir von Herzen, dass du dich aufmachst, deinen Sinn zu entdecken – und ihn mit der Welt zu teilen. Mein Handbuch ist ein Angebot dafür. Genauso wie mein Purpose-Coaching.